Jahr für Jahr wird am 24. April u.a. in Armenien und von der armenischen Diaspora international der „Völkermordgedenktag“ begangen. Er erinnert daran, dass an diesem Tag im Jahre 1915 – vor 105 Jahren – ein Genozid begann, von dem über eine Million ethnischer Armenier betroffen waren. Die jungtürkische Regierung des Osmanischen Reiches veranlasste die Verhaftung, Deportation und Ermordung der intellektuellen und künstlerischen Elite der Armenier. Zuvor waren bereits umfangreiche politische Maßnahmen gegen die Armenier getroffen worden. Ihre Deportation in die syrische Wüste und Teile Anatoliens endete vielfach mit dem Tod durch Seuchen, Entkräftung und gezielte Massaker.
Das Gedenken an die Opfer dieser unmenschlichen Grausamkeiten mahnt auch, dass ethnische Säuberungen, Deportation und Vertreibung niemals Mittel politischen Handelns sein dürfen. Das nach wie vor belastete Verhältnis zwischen Armenien und der Türkei zeigt, dass nur Wahrheit im Umgang mit historischen Tatsachen der Weg zu einer gelingenden grenzüberschreitenden Verständigung sein kann.
Wer aber glaubt, dass solche Menschenrechtsverletzungen, Vertreibungen und ähnlich inhumane Handlungen gegenüber ethnischen Minderheiten historische Ereignisse einer längst überwundenen Epoche seien, der schaue auf die ethnischen Auseinandersetzungen in ehemaligen Jugoslawien in den 1990er Jahren sowie auf die weltweit immer wieder aufflackernden, unzähligen humanitären Katastrophen im Zusammenhang mit ethnischen Konflikten.
Es ist gut, dass der Deutsche Bundestag 2005 und 2015 dieses Ereignisses gedacht und 2016 den Völkermord an den Armenien endgültig anerkannt und sich zur historischen Verantwortung wegen der Mitschuld des Deutschen Reiches bekannt hat. Seit 1965 haben viele Staaten weltweit die Ereignisse offiziell als Genozid anerkannt.
Im deutschsprachigen Raum war es Franz Werfel, der sich als einer der ersten literarisch-historisch mit dem furchtbaren Schicksal der Armenier auseinandersetzte und diesem mit seinem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ eindrucksvoll ein Denkmal setzte. Aus diesem Grund hat das ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN seinen Menschenrechtspreis nach dem Schriftsteller benannt. Der erste „Franz-Werfel-Menschenrechtspreis“ wurde 2003 Dr. Mihran Dabag für dessen Arbeiten zur Genozidforschung und zur Geschichte der Armenierverfolgung verliehen. In der Ausstellung „Erzwungene Wege“ hat das ZgV auch den Völkermord an den Armeniern thematisiert und präsentiert diese Wanderausstellung bundesweit.
Anerkennung, Aufarbeitung und kollektive Erinnerung im Bewusstsein der Menschenrechte sind ein wesentlicher Beitrag zu mehr Mitmenschlichkeit und friedlichem Miteinander.