Die Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN verleiht den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis 2025 an den Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw Dr. Vitali Klitschko. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Stiftung seinen unermüdlichen Einsatz für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte – sowohl in der Ukraine als auch darüber hinaus. Die feierliche Verleihung findet am Sonntag, den 1. Juni 2025, um 12:00 Uhr in der Frankfurter Paulskirche statt. Die Laudatio auf den Preisträger wird der Bundesminister der Verteidigung, Boris Pistorius, halten. Zuvor wird der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef die Veranstaltung eröffnen und Dr. Christean Wagner, Vorsitzender der Stiftung, den Festakt feierlich einleiten. Außerdem hält der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein, unter dessen Schirmherrschaft die Veranstaltung steht, eine Ansprache.
Die neunköpfige Jury des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises unter Vorsitz von Staatsminister a.D. Dr. Christean Wagner würdigt mit der Auszeichnung den unermüdlichen Einsatz Vitali Klitschkos für Freiheit, Frieden, Würde und die grundlegenden Rechte der Menschen in der Ukraine. Seit der russischen Invasion sind Millionen Menschen zur Flucht gezwungen – sie leiden unter den Folgen von Gewalt und Zerstörung. Viele wissen nicht, ob sie jemals in ihre Heimat zurückkehren können. Es sind jene Themen, die auch das Handeln der Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen prägen. Die Stiftung setzt sich für die Dokumentation von und das Gedenken an Vertreibung, Flucht und die damit verbundenen menschlichen Schicksale seit 1945 sowie den Schutz der Menschenrechte ein. „Die Auszeichnung Vitali Klitschkos ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit allen, die weltweit für ihre Rechte und Freiheiten kämpfen – und ein klares Bekenntnis: Mut, Standhaftigkeit und Menschlichkeit verdienen gerade in diesen Zeiten des Krieges Anerkennung und Unterstützung“, betont Dr. Christean Wagner für die Jury.
Klitschko ist als Kind ukrainischer Eltern in Belowodsk (Sowjetunion, heute Kirgisistan) geboren. Er studierte und promovierte in Sportwissenschaften und ist einer der erfolgreichsten Schwergewichtsboxer aller Zeiten. Bereits während seiner aktiven Sportlerkarriere engagiert er sich in vielfältiger Weise politisch – u.a. für die Orangene Revolution in der Ukraine 2004, als Gründer einer eigenen Partei, oder aber mit seiner Beteiligung an den Euromaidan-Protesten zwischen Ende November 2013 und Februar 2014. Seit 2014 bekleidet er das Amt des Bürgermeisters der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw.
Die Jury des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises bilden Personen aus Wissenschaft, Forschung, Medien und dem politischen Leben. Der diesjährigen Jury gehören Dr. Christean Wagner als Vorsitzenden der Stiftung, Staatsminister a.D. Peter Beuth, der Präsident des Bundes der Vertriebenen, Dr. Bernd Fabritius, Stadtrat Dr. Bernd Heidenreich (Frankfurt am Main), der Hessische Landtagsabgeordnete Andreas Hofmeister, der ehemalige Europaabgeordnete Milan Horáček, der Historiker Prof. Dr. Manfred Kittel, der Parlamentarische Staatssekretär a.D. Hartmut Koschyk sowie die ehemalige Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Ziele des Bundes der Vertriebenen, Gudrun Osterburg (ehem. Vorsitzender des Fördervereins), an.
Der mit 10.000 Euro dotierte Franz-Werfel-Menschenrechtspreis wird alle zwei Jahre an Einzelpersonen, Initiativen oder Gruppen verliehen, die durch ihr Handeln das Verantwortungsbewusstsein gegenüber Menschenrechtsverletzungen durch Völkermord, Vertreibung oder die bewusste Zerstörung nationaler, ethnischer oder religiöser Gruppen schärfen. Zu den Preisträgern zählten bislang u.a. der Rumänische Staatspräsident Klaus-Werner Iohannis, Bundespräsident a.D. Dr. Joachim Gauck, der Historiker und Publizist Prof. Dr. Michael Wolffsohn, die Bürgerrechtlerin, Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin Freya Klier und die Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller.
Interview mit Boris Rhein, Hessischer Ministerpräsident
1. Wir leben in einer sehr turbulenten und krisengeplagten Welt. Was bedeutet es, wenn in der heutigen Zeit ein Vitali Klitschko mit einem angesehenen Preis ausgezeichnet wird?
Antwort: Die Verleihung des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises an Vitali Klitschko ist ein kraftvolles Zeichen in einer Zeit, die von Unruhe, Konflikten und Unsicherheit geprägt ist. Vitali Klitschko verkörpert wie kaum ein anderer den unerschütterlichen Willen, für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einzutreten – auch unter schwierigsten Bedingungen. Als Bürgermeister von Kiew steht er an vorderster Front eines Krieges, der nicht nur die Ukraine, sondern die gesamte europäische Friedensordnung erschüttert. Seine Entschlossenheit und sein unermüdlicher Einsatz für das ukrainische Volk machen ihn zu einem eindrucksvollen Beispiel dafür, wie die universellen Werte von Freiheit und Menschenwürde verteidigt werden müssen.
2. Menschenrechte, Freiheit, Demokratie – das sind nicht nur politische Begriffe, sondern konkrete Schutzversprechen. Was braucht es aus Ihrer Sicht heute, um diese Werte in einer zunehmend komplexen und von Unruhe geprägten Welt glaubwürdig zu verteidigen?
Antwort: Freiheit und Demokratie unter Achtung der Menschenrechte sind keine Selbstverständlichkeit. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass nach dem unermesslichen Leid des Zweiten Weltkriegs wieder Krieg in Europa herrscht und Grenzen gewaltsam verschoben werden. Daher unterstützen wir die Ukraine nach Kräften und werden das auch weiterhin tun. Nur Abschreckung durch militärische Stärke wird Europas Souveränität wahren und den Kriegsverbrecher Putin an den Verhandlungstisch bringen.
3. Sie sind als Ministerpräsident viel unterwegs, treffen zahlreiche Menschen, die sich für das Gemeinwesen engagieren – und Sie sind auch regelmäßig bei Preisverleihungen, zeichnen Persönlichkeiten aus. Was zeichnet den diesjährigen Preisträger Dr. Vitali Klitschko aus und welche Bedeutung messen Sie dem Franz-Werfel-Menschenrechtspreis zu?
Antwort: Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis steht für den Einsatz gegen Vertreibung, für die Anerkennung von Opfern und für die Versöhnung zwischen Völkern. Die Auszeichnung in der Paulskirche, der Wiege der deutschen Demokratie, erinnert uns daran, dass der Kampf für Menschenrechte ein immerwährender Auftrag ist. In diesem Jahr wird der Preis an einen Mann verliehen, der für seine Überzeugungen kämpft – für eine freie und souveräne Ukraine, für Frieden in Europa und für die Würde jedes Menschen. Es ist eine Auszeichnung, die genau zur richtigen Zeit an den richtigen Preisträger geht. Vitali Klitschko ist ein würdiger Preisträger.
Interview mit Dr. Christean Wagner
1. Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis wird in diesem Jahr an den Bürgermeister von Kiew, Dr. Vitali Klitschko, verliehen. Mit seiner Persönlichkeit und seinem Einsatz steht er symbolisch für den Widerstand gegen Unterdrückung und für den Schutz grundlegender (Menschen-)Rechte in der Ukraine. Welche Botschaft möchte die Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN, die den Preis seit 2003 vergibt, mit dieser Auszeichnung senden?
Antwort: Die Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNG wünscht sich natürlich ein Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Wir stehen zum Selbstbestimmungsrecht des ukrainischen Volkes und wollen mit dem Preis unsere Unterstützung für das sich tapfer wehrende Volk zum Ausdruck bringen. Die Ukraine verteidigt auf ihrem Territorium auch die angegriffene Freiheit Europas. Ukrainer erleiden Krieg und Vertreibung in ihrem Land. Wir ermahnen mit unserem Preis, die Ukraine in ihrem aufopferungsvollen Kampf weiterhin mit finanziellen und militärischen Mitteln zu unterstützen.
Unserer Stiftung ist es daneben ein Anliegen, Persönlichkeiten, Gruppen oder Initiativen auszuzeichnen, die sich gegen Menschenrechtsverletzungen auf sehr individuelle Weise zu Wehr setzen. Menschen die sich verteidigen, die ihre Stimme erheben, die Verbündete suchen – und dabei oft auch ihr eigenes Leben gefährden. Der Kiewer Bürgermeister Dr. Vitali Klitschkos kämpft mit seinem Einsatz in der Ukraine und in seiner Heimatstadt Kiew für das Recht auf Heimat – ein grundlegendes Menschenrecht.
Die Heimat gegen völkerrechtswidrige kriegerische Angriffe zu verteidigen ist Pflicht. Aber der Kampf um die Heimat in der Ukraine zeigt zudem, wie essenziell das Heimatrecht ist. Viele Ukrainerinnen und Ukrainer mussten ihre Heimat verlassen, um vor Krieg und Gewalt zu flüchten. Für sie bedeutet das Recht auf die Heimat nicht nur einen Ort zum Leben zu haben, sondern bedeutet auch Identität, Sicherheit und die Möglichkeit, ein würdevolles Leben zu führen.
2. Die Stiftung dokumentiert seit vielen Jahren die Schicksale von Millionen Vertriebenen nach 1945 – und setzt sich zugleich für den Schutz von Minderheiten und Menschenrechten weltweit ein. Welche Parallelen sehen Sie zur heutigen Situation in der Ukraine und warum ist der Blick auf aktuelles Unrecht für die Stiftungsarbeit so wichtig?
Antwort: Jeder Krieg und seine Folgen sind schrecklich. Parallelen sehe ich auf der übergeordneten Ebene in der russischen Zielrichtung dieses Krieges, die Ukraine zu vernichten und ihr das Existenzrecht als Nation und Staat abzusprechen. Auch der Nationalsozialismus des Dritten Reiches hatte als Ziel die Vernichtung von Völkern, Minderheiten und Andersdenkenden. Dieses Grauen hat bis heute ein schreckliches Gesicht, bis heute ist das Gedenken an den Holocaust und die Solidarität mit Israel deshalb zu Recht Staatsräson in unserem Land. Mit unserer Arbeit wollen wir mahnen, aber auch Geschichte vermitteln und das Bewusstsein schärfen.
3. Die Preisverleihung findet am 1. Juni in der Frankfurter Paulskirche statt und bringt viele Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Medien zusammen. Was bedeutet Ihnen persönlich dieser Tag – und worauf freuen Sie sich besonders?
Antwort: Im Vordergrund stehen am Tag der Preisverleihung unsere Stiftung und ihre Arbeit. Ich hoffe für uns auf ein breites Echo, viel Unterstützung und auch darauf, interessante Persönlichkeiten zu treffen, die gestalten und für ein friedliches Zusammenleben wirken. Ebenso hoffe ich, dass mit dieser Auszeichnung an Herrn Dr. Klitschko die Solidarität der Menschen mit der Ukraine deutlich wird und dies dazu beiträgt, dass Deutschland politisch, finanziell und militärisch weiterhin sichtbar an der Seite der Ukraine steht.
Ich freue mich sehr, wenn wir mit der Würdigung von Dr. Klitschko einen kleinen Beitrag leisten können, auf das Schicksal dieses Landes aufmerksam zu machen und weitere Unterstützung anzumahnen.