„Nach 22 Jahren der gesellschaftlichen Debatte, der Auseinandersetzung, der historischen und politischen Kontroversen sind wir heute dankbar, dass das „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ für das Publikum geöffnet wird. Für die Vertriebenen ist es eine große Freude, dass mehr als 75 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges und dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft, nach Flucht, Vertreibung und Deportation der Deutschen aus ihren angestammten Heimatgebieten in Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa die Erinnerung an ihr tragisches Schicksal an einem zentralen Ort in Berlin zusammengetragen und einer breiten Öffentlichkeit aus dem In- und Ausland zugänglich gemacht wird. Es ist wichtig, dass es diesen Erinnerungsort jetzt gibt!
Impulsgeber für diese Dokumentationsstätte waren die Vertriebenen selbst. Bereits zu Beginn ihrer Amtszeit als BdV-Präsidentin 1998 überzeugte die damalige CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach den Bund der Vertriebenen und im weiteren Verlauf zahlreiche Unterstützer, wie den führenden SPD-Politiker Peter Glotz mit dem Konzept einer Stiftung, die den vertriebenenpolitischen Diskurs in der Bundesrepublik Deutschland für die folgenden Jahren maßgeblich mitbestimmen sollte: das Zentrum gegen Vertreibungen.
Zu dessen zentralen Aufgaben sollte gehören, „in Berlin eine dauerhafte Gedenkeinrichtung an Flucht, Vertreibung, Deportation, Vergewaltigung und an Heimatverlust der Deutschen“ zu schaffen - und diese Vorgänge einzubetten in andere, ähnliche Vorgänge im „Jahrhundert der Vertreibungen“. Dank vielfältiger Initiativen wurden bald führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Kultur und Politik für diese Idee gewonnen.
Innerhalb kurzer Zeit wurden mehrere hundert Städte und Gemeinden, Bundesländer und Mitgliedsorganisationen des BdV, aber auch viele Einzelpersonen Förderer und Unterstützer ihrer Zentrumsidee.
Im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien CDU, CSU und SPD vom November 2005 wurde - zusätzlich zu der seit 2000 bestehenden Stiftung Zentrum gegen Vertreibungen - beschlossen, ein „sichtbares Zeichen“ in Berlin zu setzen, um „an das Unrecht von Vertreibungen zu erinnern und Vertreibung für immer zu ächten“.
Während zahlreiche Kräfte aus dem linken politischen Lager forderten, das nationale Projekt aufzugeben, zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkels stets als uneingeschränkte Unterstützerin des „sichtbaren Zeichens“. Ohne große Debatte verabschiedete der Deutsche Bundestag am 4. Dezember 2008 den Gesetzentwurf von CDU/CSU und SPD, mit dem die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ errichtet werden sollte. Nach jahrelangen Diskussionen kam damit die Errichtung einer staatlichen Erinnerungsstätte zustande. Nach Diskussionen um die Besetzung des Stiftungsrates wurde das Vorschlagsrecht des BdV für den Stiftungsrat auf sechs Mitglieder ausgedehnt und die vorgesehene Ausstellungsfläche um 750 qm auf insgesamt 3.000 qm erhöht.
Millionen Deutsche aus dem Osten haben das Schicksal von Flucht und Vertreibung erlebt. Sie waren es, die durch ihr Engagement und ihren Einsatz dafür gesorgt haben, dass ihr Schicksal nun zentral in das „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ Eingang gefunden hat. In der Charta der deutschen Heimatvertriebenen heißt es: „Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat trennen, bedeutet, ihn im Geiste töten. Wir haben dieses Schicksal erlitten und erlebt. Daher fühlen wir uns berufen zu verlangen, dass das Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht wird.“
Darum begrüßen wir es, dass der Heimatverlust als europäische und weltweite Geschichte der Zwangs- und Gewaltmigration in dieser Dokumentationsstätte Gegenstand des Erinnerns ist. Das ebenfalls thematisierte Schicksal vertriebener Menschen z. B. aus Syrien oder der Rohingya aus Myanmar hat, hat - wie so häufig - ebenfalls politische, historische und religiöse Ursachen. Zu einem Zeitpunkt, in dem sich 82 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht befinden, mehr als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte, ist die Dokumentationsstätte ein richtiges, ein unverzichtbares Signal in unserer Zeit.
Stiftung und Dokumentationszentrum werden, auch in Zukunft ein Ort der Auseinandersetzung, der Versöhnung und der kritischen Betrachtung aktueller Entwicklungen sein.
Wir wünschen der Stiftung und dem „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ für ihre Arbeit im Interesse der Vertriebenen weltweit alles Gute und bieten im Sinne des Auftrages unserer Stiftung jederzeit eine engagierte Zusammenarbeit an.